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Die fünfte Neulackierung ...

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Der Amazon war auf der Hebebühne!

Das gehört noch zum Beitrag vom 14.3. weiter oben, wie man auf dem Foto sieht braucht es nicht unbedingt die 5er Bohrung. Es genügt schon die Dichtung, den Keder etwas zu kürzen und unten mittig offen zu lassen damit eindringendes Wasser ablaufen kann.

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Der Zusammenbau!

Vor einiger Zeit äußerte hier mal jemand, dass eine fehlende Öse am Handbremshebel für ihn ein Beweis für einen lieblos restaurierten Amazon sei. Es gab Zeiten da gab es kaum einen Amazon mit intakter Öse, denn sie brachen leicht und waren mit der Zeit alle beim Aussteigen vom Absatz, vom Hacken der Schuhe erschlagen worden. Lange Zeit gab es diese Ösen nicht zu kaufen, eine unversehrte auf einem schwedischen Schrottplatz zu finden war ein großer Glücksfall, eine der seltenen verchromten aus Metall aus einem frühen Amazon gar eine kleine Sensation, heute gibt es sie wieder neu und auch wieder in Metall glänzend. Ein Indiz für einen schlecht oder lieblos restaurierten Amazon sind für mich aber andere Dinge. Löcher unterschiedlicher Größe in frisch lackierten Motorräumen, an Radkästen, Stehblechen und der Stirnwand an denen im Laufe der Jahrzehnte mal allesmögliche befestigt war und die durch Blechschrauben oft noch nach oben gestülpt, gezogen wurden. Löcher die man mit wenig Aufwand problemlos hätte richten, zuschweißen und verschleifen können und von denen man nach dem Lackieren nichts mehr gesehen hätte. Neue Bremsleitungen wild drauf los und durch die Gegend gebogen, auch an Fahrzeugen von in der Szene gefeierten Profis. Fahrzeuge die man verkaufsfördernd als Hohlraum versiegelt anpreist und einem die mit Plastikstopfen zugestopften Löcher an A- und B-Säulen, an Schwellern sowie an den Türen ins Auge stechen, wo doch all diese Bereiche durch demontieren von ein paar Teilen ohne Löcher zu bohren erreichbar sind. Oder Fahrzeuge wo man die Türen öffnet und verfranzte Türkeder vorfindet, wie schon oft gesehen oder sie einfach ganz weg gelassen hat.

Im Folgenden geht es um den Einbau der Windfangkeder, auch Türkeder genannt, in einen zweitürigen späten Amazon! Relativ einfache Teile deren Montage aber sehr viel Arbeit macht, Teile die man beim Zusammenbau zur rechten Zeit montieren sollte, sonst baut man Andere noch mal aus und hat doppelte Arbeit. Der Innenraum sollte dafür noch zum größten Teil leergeräumt sein!

Die alten Keder waren zwar noch gut, aber der sichtbare Teil der Stoffummantelung nach fast drei Jahrzehnten verblasst.

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Neue Keder gibts problemlos, sie sehen gut aus und erfüllen ihren Zweck, aber wie so oft bei nachgefertigten Teilen lässt die Qualität zu wünschen übrig oder sie entsprechen, wie in diesem Fall, in ihrer Form nicht dem Original. Denn diese V-förmige angenähte Kunststofffahne wird nur an einem Teil des Keders gebraucht und nicht auf seiner ganzen Länge. An den Originalen und den 1992 montierten war diese nur auf einer bestimmten Länge angenäht, nur da wo der Keder im Himmel sitzt. Aber warum schlau machen oder an einem Altteil messen, nähen wir das Ding doch einfach auf ganzer Länge an, der Kunde zahlt und kann sich dann selbst um den steifen, störrischen Kram kümmern, die Naht aufmachen, abtrennen und zurechtschnippeln. Ich rate daher alte Originale aufzuheben und sich an diesen zu orientieren, leider habe ich von den alten Kedern keine Fotos gemacht, aber die folgenden werden hoffentlich alles erklären!

Hier sieht man ein Werkzeug das so oder so ähnlich bei allen Herstellern und Fahrzeugpolsterern zur Himmel- und Türkedermontage Verwendung fand, für den einmaligen Gebrauch tuts aber auch ein Stück Blech oder eine alte Spachtel mit Holzgriff, stumpf geschliffen und abgerundet. Damit wird der neue Keder mit dem angenähten Fähnchen zwischen Karosserie und Zahnleiste die den Himmel hält mit dazu geklemmt. Man fängt mit dem Einbau an der B-Säule an und arbeitet sich zur A-Säule vor, das ist der einfachste Teil der Montage und in wenigen Minuten erledigt.

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Als nächstes das Stück an der A-Säule runter bis zum Armaturenbrettpolster zusammen mit dem senkrechten Teil der Fensterumrahmung montieren, jetzt sitzt der Keder schon so fest dass er nicht mehr verrutschen kann. Danach wieder an der B-Säule weiter machen, sollten die Keder noch immer so verkauft werden wie 2019, muss ab hier die Naht aufgetrennt und der unnötige Kunststoffteil weggeschnitten werden. Den Keder nach hinten zur B-Säule und nach oben drücken, so dass ein möglichst scharfer 90° Winkel entsteht und ihn mit dem lackierten Blechteil, dem Haken und dem Schräubchen unten fixieren, die Befestigung des Gurtes gibt noch zusätzlichen Halt.
An diesen Haken wurde zu Zeiten der Statikgurte mit denen der Amazon ausgerüstet war die Schließzunge gehängt!

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Und wer hätte gedacht dass unsere Oldies nicht nur geschweißt und geschraubt, sondern zum Teil auch zusammen genagelt wurden? Ab etwa Unterkante des Seitenfensters hinter der Seitenverkleidung befindet sich eine Leiste die mit Drillnägeln angenagelt wurde, an diese Leiste wird der Keder festgetackert. Ich rate dazu bei einer Restauration diese Leiste an ihrem Platz zu lassen, beim Lackieren mit einem Streifen Klebeband abzukleben oder mit zu lackieren. Diese mit einem Druckluftwerkzeug reingeschossenen gedrillten Nägel lassen sich nur schwer ziehen und können, weil sie gehärtet sind, leicht brechen, dabei ist die Gefahr groß dass das was sie halten beschädigt oder zerstört wird. In diese Leiste aus einem gepressten harten Zeug lassen sich Tackerklammern nur schwer reinschießen und mit so einem Teil (siehe Bild) war es eine regelrechte Quälerei, nehmt besser einen elektrischen Tacker oder einen der mit Druckluft funktioniert. Auf diesem schlechten Foto sieht man in etwa wo die Leiste ihren Anfang nimmt!
Während im ersten Bild oben noch der alte graublaue Automatikgurt aus einem 140er zu sehen ist, unansehlich und in seiner Funktion am Ende, sieht man hier im rechten Bild den neuen wunderbar leicht laufenden Gurt mit der originalen Schließzunge.

DSC02659.JPG..DSC02646 (2).JPG


Hier war die Leiste auch schon mal Thema!

http://www.networksvolvoniacs.org/index.php/Spezial:AWCforum/st/id7890/Leiste_Windfangkede...

Ich hätte nicht erwartet unter dem Stichwort „Gedrillte Nägel“ im Internet etwas zu finden und siehe da, „Karosserienägel gedrillt verzinkt 0,085"x7/8".
Wie, 18,94 Euro für einen Pack mit 500 Stück?

https://www.rudolfs-oldtimershop.de/shop/index.php?id_product=1097&rewrite=a-51393&...

Oder das Stück zu 5,90 Euro für ein Nägelchen von etwas über 2mm Durchmesser und einer Länge von ca. 22mm?

https://www.rudolfs-oldtimershop.de/shop/index.php?id_product=1075&rewrite=a-47-301&am...

Selbst einer unserer Teilelieferanten hat welche im Programm!

https://www.skandix.de/de/fahrzeug-teile/zubehoer/din-montageteile/befestigung/karosserien...

Weiter geht es wieder vorne mit dem kurzen Stück unter dem lackierten Blechteil am Armaturenbrett.

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Auf der Zielgeraden!
Aber es wird noch mal schwierig, denn die Blechleiste die den Keder und die Fußraumpappe hält ist auch angenagelt. Hier müssen die Nägel aber gezogen werden, ich empfehle zwei Stemmeisen oder zwei Schrauberzieher mit breiter Klinge zu nehmen, sie links und rechts von jedem Nagel zu platzieren und versuchen sie raus zu hebeln. Ein normaler glatter Nagel würde im Blech nicht halten, durch den Drall aber sitzen sie Bombenfest, lassen sich nur schwer ziehen und werden zum Teil durchs dünne Blech gezogen. Danach wird die Leiste krumm und verzogen sein, man muss sie richten und neu lackieren und sie wird ein paar Macken zurück behalten, der größte Teil aber ist verdeckt. Die Leisten dann mit den dünnsten Schrauben die man findet an den Löchern in denen die Nägel steckten anschrauben. Ich habe die Schrauben vom Frontscheibenrahmen eines Schlachtfahrzeugs genommen!

DSC00604 (2).JPG..DSC00599 (2).JPG


Als letztes wird der Keder gekürzt und die Enden zusammen mit der Alueinstiegsleiste montiert.

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Fertig!

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Tipp: An den Enden der Einstiegsleisten unten ein Dichtband oder ähnliches anbringen, das verhindert dass bei der Wagenwäsche oder bei Regen Wasser eindringt und dort ewig stehen bleibt.

„Teile die man beim Zusammenbau zur rechten Zeit montieren sollte, sonst baut man Andere noch mal aus und hat doppelte Arbeit. Der Innenraum sollte daher zum größten Teil noch leergeräumt sein!“ Hatte ich weiter oben geschrieben!

Also vor der Montage des Frontscheibenrahmens und dem Innenspiegel, der Fußraumpappe links und dem Haubenzug an seine Halterung, der Fußraumpappe rechts und der Ablage, den Seitenverkleidungen hinten und der Rückbank, den Gurten und den Einstiegsblenden, müssen erst die Windfangkeder montiert werden!

Und wer meint dass dieser Teil der Geschichte, die Montage der Windfangkeder, es wert ist in der Wissensdatenbank eingestellt zu werden, der kann das gerne tun!

Fortsetzung folgt!
Editiert am Wed 20. Jul. 2022, 8:22:59 von Börnaut

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Das ist meine Geschichte, das sind meine Ideen und Verbesserungen die ich im Laufe der Zeit vorgenommen habe, sind meine Erlebnisse in jetzt 41 Jahren mit dem Amazon! Vielleicht ist das eine oder andere brauchbar findet Anwendung und Nachahmer?

1981 hatte ich ihn mit 213000km gekauft, der Kilometerzähler stand schon Fünf mal auf Null und zeigt aktuell 88410 an, von den 588000km bin ich 375000km gefahren. Autos auch alte, so meine Einstellung, sind Fahrzeuge und keine Stehzeuge! Warum also soll ich das Vergnügen einen Oldie zu fahren nur am Wochenende bei schönem Wetter haben, wenn ich es auch an jedem anderen Tag haben kann? Jahrzehnte lang bin ich vom Frühling oft bis in den November rein damit zur Arbeit gefahren, war auf unzähligen Treffen, auch in Schweden und mit der Familie in Urlaub. Seit 11 Jahren bin ich im Ruhestand und fahre nur noch 5-6000km im Jahr und manchmal steht er fast die ganze Woche um dann am Samstag das Grünzeug zum Wertstoffhof zu bringen.
Es gibt Leute die ihren Amazon länger besitzen als ich und es gibt welche mit noch höherer Laufleistung, aber, das behaupte ich jetzt einfach mal, dass es kaum noch einen Amazon geben wird der so oft (den Umständen geschuldet) lackiert wurde.

Und es gab Zeiten, ältere werden das wissen, da bekam man an der Tankstelle auf Nachfrage ein Fahrtenbuch geschenkt oder konnte sie für ein paar Pfennige kaufen!

Ich erwähne immer das Jahr 1987, wenn ich von der ersten Restauration schreibe, in Wirklichkeit dauerte sie von Herbst 1986 bis Mai 1988. Nach dieser hatte ich begonnen ein Fahrtenbuch zu führen, in das ich die getankten Liter, die gefahrenen Kilometer, die Kosten und den Schnitt pro 100km eingetragen habe. Aber auch an welchem Tag ich in die Saison gestartet bin, wieviel Kilometer ich im Jahr gefahren bin, wann ich Inspektion gemacht, was ich repariert und getauscht habe. Aber auch besondere Vorkommnisse und Ereignisse wurden vermerkt!

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Mein erstes, im zweiten Bild links unten, war von Shell und der erste Eintrag nach einigen Tankfüllungen lautet „Ölwechsel bei 282742km“, das war im Sommer 1988 am frischen gemachten Motor. Beim durch blättern der alten Heftchen kommen wieder Erinnerungen hoch, so steht auf der Seite im Bild „Attentat Herrhausen“. Der Eintrag wurde kurz nach dem Attentat der RAF auf Alfred Herrhausen am 30.11 1989 in Bad Homburg gemacht. Das Ereignis hatte ich eingetragen um mir bei einem späteren Blick ins Buch den Verbrauch von 15,9 Liter bei dieser Tankfüllung erklären zu können. Denn ich brauchte für meinen Nachhauseweg von 22km an diesem Tag viereinhalb Stunden, es war Ende November und der Amazon lief ununterbrochen im Leerlauf.
Es gab Zeiten da organisierte der Saarländische Stammtisch jährlich ein Zeltwochenende und so lesen wir im Zweiten oben den Eintrag „Tour de Alsace“ und ganz unten „2475km VROM 2000“. Die beiden sind vollgeschrieben und das Aktuelle auch schon wieder mehr als zur Hälfte. Sie liegen viele Jahre im Amazon und zeigen die Spuren der Zeit, sind abgegriffen, genauso wie das seit Jahrzehnten in Gebrauch und sich in Auflösung befindliche Ding? mit dem ich den Verbrauch ausrechne. Wenn ich von einem Durchschnittsverbrauch von 10,5 Liter ausgehe, dann sind während der 588000km weit über 60000 Liter feinstes Super in den Tank geflossen. Den Versuch auszurechnen was diese vielen Liter Kraftstoff auch nur annähernd gekostet haben, erspar ich mir aber!
Ob Bordbuch, Fahrtenbuch oder Begleitbuch für Kraftfahrer, die alten von Gasolin und Shell sind aus dem Nachlass meines Vaters und zu schade um sie voll zuschreiben. Vermutlich wird das Aktuelle reichen  ?

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Die erste kurze Ausfahrt ging zu Freund Michael, Altvolvofahrer und Winzer, das Bild ist vom 17.6.2019. Zwei Tage später sind wir zum Treffen nach Schwerin und in Urlaub auf Rügen gefahren.

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Vor einem Jahr am 7.5. nahm diese Geschichte ihren Anfang und ich werde auch in Zukunft immer wieder mal vom Amazon und mir berichten. Denn inzwischen wurde schon wieder einiges gemacht wie 2020 die Vorderachse überholt und das Fahrwerk modifiziert, sowie noch einiges, in den Augen mancher, unvernünftiges.

Bob Dylan befindet sich seit 1988 auf seiner Never Ending Tour, mein Amazon und ich in einer Never Ending Story!

Bernhard
Editiert am Sat 30. Jul. 2022, 7:09:04 von Börnaut

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Bernhard,

Deine Geschichte ist einfach genial. Bitte weiter schreiben

Gruß

Ole

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Posts 291
Lieber Bernhard,
deine Geschichte ist einfach schön, unglaublich, liebevoll geschrieben, lehrreich, abwechslungsreich, interessant und was weiß noch. Aber vor allem bist es Du, der uns teilhaben lässt, viele Stunden vor dem Rechner sitzt, Bilder und Texte eingibt und damit dieses Forum unglaublich bereichert.

D a n k e!
Grüße Ansgar

P.S.: Das musste mal gesagt werden
Wer schraubt, der lebt. Wer fährt, genießt. Also schraube um Fahren zu genießen!

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Posts 50
…auch von mir, einem stillen Mitleser, ein großes

D A N K E

Das ein sowohl passionierter Schrauber als auch internet-affiner Best-Ager
uns so detailreich an seinem Wissen und seinen Erfahrungen teilhaben lässt,
ist ein wahrer Schatz dieses Forums.

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Posts 1186
Hallo Bernhard,

immer schön deine Beiträge zu lesen und zu staunen.
Jetzt sieht wieder "wie aus dem Ei gepellt" aus

Bei deinen vielen Jahren mit dem Amazon und Erfahrungen ist es gut deine Ratschläge erst zu nehmen.
Hoffe ich sehe bald mal wieder dein Schätzchen live zu sehen.

LG Daniel
Volvo V40; Volvo 240 Klassik Bj 1993; Volvo 123GT Bj 1968; VW T2B Westfalia "Helsinki" Bj 1975


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