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Sun 12. Aug. 2018, 21:07:07 |
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Ja schade drum, aber leider gang und gäbe!
Die meisten nachfolgenden Zahlen sind nur Beispiele und von mir willkürlich gewählt! Kein Hersteller kann die Teile die er bis zum Ende der Produktion eines Modells braucht exakt bestimmen und bestellen. Kein Zulieferer produziert noch mal 257 Teile wenn diese noch gebraucht werden und seine Produktionsanlagen aber schon für das Nachfolgemodell eingerichtet sind, also wird vom Automobilhersteller genug eingekauft. Es bleiben immer unterschiedliche Mengen an Teilen übrig, oft in so großen Mengen dass es nicht möglich ist diese fürs Ersatzteilgeschäft einzulagern. Denn Ersatzteile lagern kostet Platz, Geld und auf neudeutsch Manpower und unnötig viele Teile noch mehr. Es wird also nur so viel gelagert wie man schätzt was für das Ersatzteilgeschäft gebraucht wird, der größte Teil wird vernichtet. Stellt man nach Jahren fest, dass kaum Bewegung ist, kommt der Rest auch noch in die Schrottpresse. Welcher Teilehändler oder Club hätte damals 50 Amazonachsen für 200DM gekauft oder je 100 linke und rechte Ausstellfenster zu 20DM? Das erfordert, siehe oben, Platz, Geld und Manpower. Wie lange hätte es gedauert bis die Achsen, Ausstellfenster und die vielen anderen schönen Teile verkauft und das Geld mit einem Plus wieder in der Kasse gewesen wäre? Auch kein Privatmann hätte sich 1984 eine Achse hingelegt, die im Amazon machte noch keine Geräusche, es gab noch genug zum ausschlachten und auf jedem größeren schwedischen Schrottplatz standen 30-40 Amazon und Buckel. Michael Peterka wollte mal die Nachfertigung von Buckelseitenteilen anleiern, die Buckelgemeinde war begeistert, aber als es um feste Bestellungen und Anzahlungen ging blieben nur noch eins/zwei Hand voll Besteller übrig. Warum hat in den Neunzigern die Nachfertigung von 5000 (Mindestbestellmenge bei Kronprinz) Tiefbettfelgen dem Hamburger Volvoteilehändler Schröder&Eichler das Genick gebrochen? Die Felge kostete 165DM und sie wurden ihnen nicht wie erhofft aus den Händen gerissen. Irgendwann bot jeder Volvoteileladen in Deutschland und im benachbarten Ausland Tiefbettfelgen an. Die letzten gab es für 98DM das Stück und ich bereue keine gekauft zu haben. Heute würde jeder die Preise sofort in Euro zahlen!
Was glaubt ihr was passiert ist, als Volvo-Deutschland 1994 von Dietzenbach nach Köln umzog? Teile einpacken, beschriften und in Köln ins richtige Regal legen, viel zu teuer! In Köln wurden die Regale mit Teilen der neusten Modelle bestückt und Teile für ältere Modelle bei Bedarf in Schweden bestellt. Es wurde alles in große Kübel geworfen und ähem entsorgt. In den Jahren danach habe ich in einigen Garagen und Scheunen im Kreis Offenbach gestanden die voll mit Teilen der Dietzenbachmafia waren, so nannte Michael Peterka sie. Die meisten hatten sich vertan und Unmengen an Teilen der neueren Modelle gebunkert die nur schwer oder gar nicht zu verkaufen waren, einige von ihnen waren auch auf unseren Teilemärkten. Nur einer hatte den richtigen Riecher und hatte nur Teile der alten Modelle mitgenommen und so gab es Zeiten in denen man auf unserem Teilemarkt neue P1800 Kuhhornstoßstangen, Amazonfahrertüren, wo beim verlangten Preis von 300DM es Zeitgenossen gab die sich das noch mal überlegen mussten, rare Buckelteile wie neue Duett Ersatzradkasten und 262 Bertoneteile zu bekommen waren, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Alle übrigen Teile von ausgelaufenen Modellen immer einlagern, wenn möglich regelmäßig noch neue in großen Mengen bestellen, kann sich kein Hersteller von Großserienmodellen leisten. Irgendwann gäbe es mehr Hallen fürs lagern von Teilen von ausgelaufenen Modellen, Presswerkzeugen für Altteile usw, als Hallen für die Produktion. Die Hersteller sind, wenn sich nichts geändert hat, verpflichtet für ausgelaufene Modelle Ersatzteile für 10 oder 12 Jahre vorzuhalten. Teile die danach immer noch gut gehen und womit sich Geld verdienen lässt, wie Kupplungen, Bremsen, Motorteile, gibt’s immer noch, aber Teile wie z.B. Außenspiegel, Zierleisten, Grills, Radios werden danach ausverkauft, nicht mehr produziert oder vernichtet.
Spart ein Automobilhersteller Geld wenn er 5000 neue Autoradios vernichtet?
Nur ein Beispiel und selbst erlebt! Ein neues Autoradio kostete in den neunziger Jahren im Einzelhandel den Endkunden z.B. 500DM. Dieses Radio kaufte die Elektromarktkette, weil sie 10000 Stück abnimmt für 200DM oder weniger ein. Gingen sie nicht mehr so gut, wurden und werden die letzten 1000 mit viel Geschrei und Tamtam für 299 verkauft und die Käufer haben das tolle Gefühl ein Schnäppchen gemacht zu haben. Ein Automobilhersteller bezahlte beim Hersteller z.B. Blaupunkt oder Phillips, für das gleiche Radio - auf dem sichtbaren Teil war dann das Markenlogo zu sehen - bei einer Abnahme von min. 100000 und bis zu 199999 Stück 100DM. Bei einer Abnahme von mehr als 200000 nur noch 75DM. Jetzt sind aus irgend einem Grund die Geschäfte nicht so gut gelaufen und es wurden vom Volumenmodell weniger produziert und verkauft und somit 5000 Radios der mittleren Preisklasse weniger bestellt, eingebaut und verkauft. Jetzt müssen aber noch 5000 von den 200000 Radios vom Hersteller abgenommen werden, denn Vertrag ist Vertrag und nur dann gilt der Preis von 75DM. Baut der Hersteller die Radios ein und bestellt wieder 200000 zum gleichen Preis besteht die Gefahr dass er ein Jahr später statt 5000 noch 10000 Radios abnehmen muss oder kauft er nur 190000 muss er 100DM pro Stück zahlen. Jetzt rechnen wir mal! 5000 neue Radios zu 75DM vernichten kostet 375000DM, für 190000 Radios 25DM mehr zahlen kostet 4,75 Millionen DM. Noch Fragen? Die 5000 Radios wurden vernichtet und damit sich kein Werksangehöriger eines unter den Nagel reist, standen zwei vom Werkschutz dabei und beobachteten dass auch jedes Radio unter die Presse gelegt und platt gedrückt wird. Ein weiteres Beispiel, an neuen Armaturenbrettern eines alten Modells wurden die Uhren ausgebaut denn die gingen anscheinend kaputt und waren noch zu verkaufen, die Zeiger von Geschwindigkeitsanzeige, Drehzahlmesser, Tank- und Temperaturanzeige wurden abgebrochen, ein Schlag mit der Hammerfinne auf die Rückseite ins Alugehäuse und ein Freiflug in den Kübel.
Keine Ahnung was der „Sven Käll reservdelschef volvo“ in dem Filmchen sagt, aber Automobilhersteller und Manager ticken eben nicht so wie wir es gern hätten. Damals wie heute!
Gruß Bernhard
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Editiert am Sun 12. Aug. 2018, 21:22:36 von Börnaut
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