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Teilefertigung für Kleinserien und Prototypen

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Hallo Zusammen,
seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit der Thematik „Teilefertigung für Kleinserien und Prototypen“. Wie ich in einem anderen Post angekündigt hatte, wollte ich euch kurz einige Punkte meiner Arbeit vorstellen.
Mein Kollege und ich arbeiten daran, additive Fertigungsverfahren („3D-Druck“) zur Teilefertigung zu nutzen. Dies beinhaltet nicht nur den „direkt“ Druck, sondern vielmehr die Fertigung von Werkzeugen. Selbstverständlich kommen auch konventionelle Verfahren bei Teilefertigung zum Einsatz. Ziel ist es jedoch, die konventionellen Verfahren kostengünstiger und schneller umzusetzen und somit die Hürde der Nachfertigung von kleinen Stückzahlen zu reduzieren.
Da das Themengebiet neu ist und es somit noch viele Bereiche gibt, an denen geforscht werden kann, haben wir uns dazu entschlossen einen möglichst großen Bereich abzudecken bzw. zu untersuchen. Die Fertigung von Test-Geometrien würde sich anbieten, jedoch bin ich ein Freund von realen Problemen. Daher sind die meisten Beispiele aus dem Oldtimer Segment oder aus konkreten Problemstellungen der Industrie, wobei dabei immer eine konkrete Problemstellung genauer untersucht wurde.
Folgend werde ich kurz auf die verschiedenen Bereiche eingehen.

Tiefziehen / Prägebauteile

Das Tiefziehen von Blechen gehört zu den Bereichen, die wir am längsten untersuchen und am besten beherrschen. Hierbei lässt sich generell sagen, dass sich nahezu alle Tiefzieh-Geometrien abbilden lassen. Dazu zählen einfache Sicken wie komplexe Tiefziehbauteile aus mehreren Geometrien. Übersetzt heißt das, dass sich z.B. Bodenbleche, Zierringe, Scheinwerfergrundplatten usw., einfach nachfertigen lassen.
Begrenzt wird dies nur durch den Bauraum des Druckers. Großbauteile wie z.B. Motorhauben oder Kotflügeln würden theoretisch funktionieren, jedoch sind wir aktuell auf einen Bauraum von ca. 1000x1000 mm begrenzt, weshalb wir noch keine praktischen Erfahrungen sammeln konnten. Abgesehen davon, benötigt man auch eine passende Presse. Wir beschränken uns gerade auf eine Einständerpresse bzw. auf eine KFZ-Hydraulikpresse.
Zum Verfahren selbst lässt sich sagen, dass je dünner das Blech ist, umso besser lassen sich scharfe Konturen abbilden. Wir haben bis jetzt den Bereich von 0,75mm² bis 2,5mm² untersucht. Allgemein arbeiten wir meist mit Standard-Karosserieblech (DC04 [1mm²]), welches auch in der Automobilindustrie genutzt wird. Dabei halten wir die im Karosseriebau üblichen Toleranzen- und Qualitätskriterien hinsichtlich der Maßhaltigkeit und der Oberfläche ein. (!) Im Bild „Figure 3“ werden z.B. alle Standard Automotive-Geometrien untersucht.

Deep drawing 01.png


Um es mal an einem aktuellen Beispiel deutlich zu machen. Durch einen Unfall ist bei einem Porsche der Scheinwerferzierring verbeult worden. Da die Geometrie viele interessante Aspekte aufweist, haben wir uns entschlossen das Bauteil anzufertigen. Im zweiten Schritt wird das Originalteil nachkonstruiert. Entweder „frei Hand“ oder per Hilfe mit einem 3D-Scanner. Im dritten Schritt wird das Tiefziehwerkzeug additivgerecht konstruiert und simuliert (Schritt 4). Danach werden entweder Anpassungen vorgenommen oder es geht in den Druck (Schritt 5/6). Schritt 7 fehlt aktuell noch, da wir auf unseren Blechzuschnitt warten.

Deep drawing 02.png


Spritzguss & Pur-Rim-Verfahren

Spritzgussbauteile – die Gehäuse / Teile aus Plastik, die ihr meist in den Händen haltet – können auch mit additiv gefertigten Werkzeugen hergestellt werden. Hierzu werden die Spritzgusswerkzeuge gedruckt und in konventionelle Spritzgussmaschinen (z.B. vom Hersteller Engel) eingesetzt. Die Werkzeuge haben je nach Komplexität unterschiedliche Haltbarkeiten. Es lässt sich jedoch sagen, dass die Werkzeugform bei einfachen Geometrien mehrere hunderte Male nutzen lässt. Mehr haben wir nicht getestet – es wird auf Dauer dröge.

Das PUR-RIM (Reinforced Reaction Injection Moudling) Verfahren ist dazu ein etwas selteneres Verfahren, welches häufig im Prototypenbau bzw. der Vorserie eingesetzt wird. Hierzu mischen sich zwei Polyurethane in der Werkzeugform und härten dann exotherm aus. Je nach Material können diese elastisch oder fest sein. Einen Unterschied zum normalen „Plastik“ merkt man (der Laie) nicht.
Manche mögen es unten schon erkennen. Es handelt sich dabei um das Funktionsteil des Suchscheinwerfers, welches ich vor einigen Jahren mal angefragt habe. Anhand von Fotos (danke an denjenigen noch mal!) und meines Handgriffs wird zunächst ein CAD-Modell entwickelt, welches anschließend per Direktdruck überprüft wird. Wenn alles passt, wird anschließend eine CAD-Werkzeugform erzeugt und gedruckt. Die Werkzeugformen sind zwar wesentlich günstiger als konventionelle Spritzgussformen, jedoch immer noch für den Privatnutzer teuer.
Hier seht ihr z.B., dass wir die Spritzgussform überarbeitet haben. Die Simulation zeigte, dass auch eine einteilige Form das gewünschte Ziel bringen würde. (Kosten- und Materialersparnis) Im untersten Bild sehr ihr das Endprodukt bzw. die Testreihe. Die Oberflächenqualität ist super und die kritischen Bauteilstellen werden perfekt abgebildet (Siehe Unterseite). Am Spritzgusswerkzeug konnten wir keine Ermüdungserscheinungen feststellen. D.h. es würde sich ohne weiters mehrere hunderte Male verwenden lassen.

PUR RIM 01.png

PUR RIM 02.jpg


Da dieser Vorversuch perfekt ablief, haben wir uns an größere Bauteile gewagt. Hier könnt ihr die Zündverteilerkappe von einem Mercedes erkennen. Der Prozess ist derselbe wie der obige. Die Werkzeugform (Mitte) ist auf Hochglanz poliert worden, sodass eine homogene Oberfläche beim Einspritzen entsteht.

PUR RIM 03.png


Sandguss & Feinguss
Dank der Kooperation mit dem Gießinstitut der RWTH konnten wir auch hier die additive Fertigung zur Unterstützung des konventionellen Prozesses umsetzen. Durch die additive Fertigung kann der Prozess des Formenbaus beim Sandguss stark reduziert werden. Die Standardmäßigen Holzformen können durch additiv gefertigte Werkzeugformen ersetzt werden. Im unteren Bild könnt ihr den Prozess der Nachfertigung einer Tachowellenabdeckung sehen. Original bestand das Bauteil aus dem Jahr 1936 aus einem Zinkguss Bauteil. Im Scan lassen sich gut die belasteten Stellen erkennen, sowie die Stellen, die durch die „Zinkpest“ befallen sind.
Im Gegensatz zum Sandguss, wäre auch eine Nachfertigung mit Hilfe des Feingusses möglich gewesen. Hierbei werden spezielle 3D-Druck Materialen verwendet, die sich bei dem Ausbrennen der Schlacke restlos auflösen. Aus Zeitgründen wurde bei diesem Versuch jedoch der Sandguss bevorzugt. Auch hier war es möglich eine extreme Genauigkeit des fertigen Bauteils zu erzielen.

Sand casting 01.png


Polyurethan / Verbundteile
Da Gummibauteile vor allem bei sehr alten Fahrzeugen ein Problem darstellen, untersuchen wir gerade, wie sich mit Hilfe der additiven Fertigung, kostengünstig Ersatzteile produzieren lassen. Hierbei gibt es grundsätzlich wieder zwei Möglichkeiten. Die erste wäre der Direktdruck der Gummibauteile mit Hilfe eines Polyjet Druckers. Dabei kann auf hunderte Millimeter gedruckt werden und die Oberflächenqualität ist sehr gut. In dem unteren Bild könnt ihr Beispielsweise die Pedaleriegummis eines Alfa Romeos sehen, die es nicht mehr (neu) käuflich zu erwerben gibt. Oben drüber erkennt ihr selbstverständlich die typischen Porsche Schmutzfänger.
Da diese Möglichkeit jedoch sehr teuer ist, wollte ich eher das FFF (Filament Druck Verfahren) nutzen um Gussformen zu drucken. Da hierbei das Problem der Oberflächenqualität ein wesentlicher Punkt darstellt, sind wir gerade dabei Verfahren zu entwickeln, um diese deutlich zu verbessern. Da die ersten Versuche sehr gut aussehen, sollte es zukünftig möglich sein auch Sichtteile per Polyurethan eigenständig nachzugießen. „Gummiblöcke“ oder keine Sichtteile sind jetzt schon möglich.
Aktuell arbeite ich auch daran die Schwellerauflagen des 544 /444 original nachzufertigen. Hierbei möchte ich möglichst nah an das Original kommen, welches aus Blech und vulkanisiertem Gummi bestand. Die Tiefziehversuche sind angelaufen und zeigen, dass das Bauteil durchaus komplexe Stellen besitzt. Die unten abgebildete Guss-Form wird aus Aluminium gefräst und soll später als Vergleich zum additiv gedruckten Bauteil dienen. Wenn es Neuigkeiten zu diesem Thema gibt, werde ich mich bei euch melden.

Rubberpart 01.png

Rubberpart 02.jpg

Rubberpart 03.jpg

Rubberpart 04.jpg

Rubberpart 05.jpg

Rubberpart 06.jpg


Direktdruck
Hier könnte ich euch seitenlang erklären was sich alles mit additiver Fertigung direkt herstellen lässt. Da es aber das Thema sprengen würde, sei euch folgendes gesagt. Grundsätzlich lässt sich mit additiver Fertigung (fast) alles nachfertigen was original auch aus Kunststoff war. Da es jedoch auch andere Verfahren gibt (z.B. SLS selective laser sintering / SLM selective laser melting) lassen sich auch andere Materialen wie Metall direkt „Drucken“. Hauptproblem beim standardmäßigen Direktdruck (FFF Fused Filament Fabrication) ist meist die Oberfläche, sowie die Beherrschung des Drucks (Maßhaltigkeit & Druckbarkeit). Wenn man aber das Bauteil daraufhin anpasst, ist dies auch sehr gut beherrschbar. Selbst feinste Bauteile mit glatten Oberflächen lassen sich herstellen. Hierzu wird das Poly-Jet Modelling (PJM) Verfahren oder das SL(A) (Stereolithography) Verfahren genutzt. Man erkennt – es kommt immer auf den Anwendungsfall an.
Ein konkretes Beispiel kann ich auch aber dennoch nennen. Bei meiner Überholung des Motors ist mir aufgefallen, dass die Bremsscheiben des Anlassers verbraucht und gerissen waren. Da es diese (Boschteil) nicht mehr gibt (!) habe ich mir überlegt diese per direktdruck nachzufertigen. Da Bakelit sehr gute Reibeigenschaften besitzt und gleichzeitig robust gegen Öl und Temperatureinflüsse ist, musste ein entsprechendes Material ausgesucht werden.
Der Vorteil bei solchen Problemfällen ist, dass man die Schwachstellen (nach >50 Jahren (!)) eines Bauteiles direkt „wegoptimieren“ (Stichwort „Reverse Engineering“) kann. Das hieß in dem konkreten Fall die Schleiffläche etwas dicker zu gestalten und die Umwandungen der Löcher der Feder zu verstärken. Da ein Anlasser durchaus heiß werden kann („orgeln des Motors“), habe ich ein besonders Augenmerk auf die Öl- und Hitzebeständigkeit gelegt und diese auch ausführlich getestet. Bis jetzt läuft bzw. bremst die Scheibe immer noch ohne Verschleißerscheinungen.
Fff 01.png


Konventionelle Verfahren
Wie einige bestimmt mitbekommen haben, ist bei mir vor einiger Zeit die Panzerzündspule meines 544 kaputt gegangen. Da es leider keine „neuen“ Panzerzündspulen mehr gibt (oder ich keine gefunden habe) wollte ich den Umbau so „original“ wie möglich umsetzen. Ein Zersägen der alten Zündspule und das Einkleben der neuen Zündspule kam für mich nicht infrage.
Ein Tiefziehen der Halterung, so wie es auch bei der originalen Panzerzündspule war, wäre einfach durch additive Werkzeuge umsetzbar gewesen. Das Befestigen an der Zündspule durch Punktverschweißung jedoch nicht, da die heutigen Zündspulen eine viel dünnere Außenwand besitzen. Kleben wollte ich nicht.
Das Fräsen aus Metall schien mir daher die beste Alternative. Die Entscheidung viel auf Aluminium, da ich keine Klemmverschraubung akzeptieren wollte. Daher musste es ein Material sein, welches bei „humanen“ Temperaturen einen großen Ausdehnungskoeffizienten besitzt, sodass die Zündspule beim Abkühlen eingeklemmt wird. Kupfer oder Silber wollte ich aus Kostengründen nicht nutzen. Außerdem ist der Chromeffekt ein netter Nebeneffekt.
Die Bauteile sind m. E. super geworden und lassen sich auch einfach handhaben. Backofen auf 200 °C, 2 Stunden warten, Zündspule ohne Kraft auf die Position bringen – kurz warten und dann ins Wasserbad. Danach ist die Zündspule unverrückbar in der Halterung. Die Temperaturen im Motorraum bzw. die Eigenabwärme der Zündspule ändern nichts daran. Aktuell bin ich über 300 km (Autobahn – und diese am Stück) gefahren und es ist keine Änderung feststellbar.
Meine Bedenken, dass die Maßhaltigkeit einer in den USA gefertigten Zündspule etwas variiert, wurden bestätigt. Die Abweichungen sind jedoch vernachlässigbar, sodass auch andere Zündspulen des gleichen Typs passen. Mein Dank gilt auch der Firma Buttkereit die unkompliziert mich alle auf Lager befindlichen Zündspulen haben messen lassen.

Ps: Die Zündspule lässt sich auch durch starkes Erhitzen wieder entfernen. Mir war wichtig, dass man bei einer defekten Zündspule nicht mit gewallt die Zündspule entfernen muss.
Da ich aktuell noch neun weitere Zündspulenhalter habe und leider keine passenden Fahrzeuge dazu, könnt ihr diese bei mir käuflich erwerben. Einbaufertig (mit Zündspule) ist nach Absprache auch möglich. Weitere Nachfertigung sind auch ohne Problem möglich.

ZP 01.jpg

ZP 02.jpg

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Nun seid ihr gefragt:
Wie oben schon bemerkt, wird gerade bei uns das Thema Polyurethan / Oberflächenqualität untersucht. Hierzu möchte ich die Lange Spritzschutzschürze vom 444/544 nachfertigen. Da ich diese aber bis jetzt nur wenige Male gesehen habe und ich auch keine Daten im Internet dazu finden kann, such ich jemanden, der dieses Teil besitzt. Mich würden Fotos, Maße und Befestigung / Anbindung am Fahrzeug interessieren. Sofern er im Umkreis von Aachen bzw. NRW wohnt, könnte ich auch direkt vorbeikommen. Die Materialhärte (Shore-Härte) würde mich auch interessieren, jedoch wird diese wahrscheinlich auch bei 60-70 A liegen. Wenn jemand das passende Gerät hat, gerne direkt mit Testen! Wenn ich diese Informationen habe, würde ich die Nachfertigung anstoßen.
Als zweite Baustelle würde ich das Thema „Umbau zum Liegebett“ (544) angehen. Auch hier fehlen mir leider die wichtigen technischen Daten. Die Bilder, die es online gibt, sind leider auch nicht hilfreich bei der Nachfertigung. Wenn jemand diese „Kantbleche“ in real besitzt, bitte gerne bei mir melden.
Ansonsten bin ich auch auf euren Input gespannt. Nennt mir bitte Teile, die ihr gerne nachgefertigt haben wollt. Eventuell sind diese auch aus wissenschaftlicher Sicht interessant und würden dann untersucht werden.

Ansonsten hoffe ich, dass man sich bald wieder in echt auf Teilemärkten oder Veranstaltung treffen kann!
Editiert am Tue 31. Aug. 2021, 9:04:03 von ZEP


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